Mit Alexander
Pietsch

GaloppOnline.de:
Herr Pietsch, Gratulation zum Bremer Gruppesieg mit Up and Away!

Alexander Pietsch:
Danke, das war wirklich eine tolle Sache für mich, endlich habe ich meinen ersten Gruppesieg geschafft und dass es so leicht gehen würde, hätte wohl der kühnste Optimist vor dem Rennen nicht gedacht.

GaloppOnline.de:
Sie arbeiten seit anderthalb Jahren auf der Bremer Rennbahn. War das ein Vorteil?

Alexander Pietsch:
Ganz bestimmt. Schon im ersten Rennen hatte ich mit meinem Zweijährigen die äußerste Spur genommen, der sich prompt mit einem zweiten Platz gut einführte. Im Hauptrennen habe ich es dann genau so gehandhabt, mit Erfolg, wie sich rausstellen sollte.

GaloppOnline.de:
Erklären Sie dem Laien doch einmal den Unterschied zwischen innerer und äußerer Linie bei diesen Witterungsbedingungen in Bremen.

Alexander Pietsch:
Man kann es leicht auf einen Punkt bringen. Gras wird bei Niederschlag weich, Sand eher fest. Da am äußeren Rand der Rennbahn schon viel Sand auf der Grasbahn lag, traten die Pferde dort nur etwa drei Zentimeter ein, während innen galoppierende Pferde acht bis neun Zentimeter einsanken und somit beim Galoppieren viel mehr Kräfte ließen.

GaloppOnline.de:
Sie galten immer als „ewiges Talent“, da ist der erste Gruppetreffer mit 30 Jahren doch etwas spät, oder?

Alexander Pietsch:
Die Antwort auf diese Frage ist doch ganz einfach. Wenn man keine Chancen in Grupperennen bekommt, kann man auch nicht gewinnen! Oft sind den Besitzern ausländische Jockeys lieber, da hat man es heutzutage nicht leicht.

GaloppOnline.de:
Und wie kamen Sie dann zu diesem Ritt?

Alexander Pietsch:
Alles lief über meinen Manager Jens Hirschberger, dessen Dienste ich nun schon fast ein Jahr in Anspruch nehme. Damals hatte er sich für Benjamin Clös eingesetzt, was mir sehr positiv auffiel. Also bat ich ihn darum, sich auch für mich um Ritte bemüht und der Erfolg gibt uns Recht.

GaloppOnline.de:
Auch mit Epalo konnten sie in Hoppegarten den Großen Herbstpreis der Dreijährigen gewinnen.

Alexander Pietsch:
Ja, sowohl Norman Richter als auch Terence Hellier weilten ebenfalls vor Ort, aber ich bekam die Chance, Epalo zu reiten, da er lange ein Wackelkandidat für das Rennen war und die anderen beiden sichere Ritte angenommen hatten.

GaloppOnline.de:
Sie wechselten vor anderthalb Jahren nach Bremen zu Andreas Wöhler, bei dem Sie nun schon ein halbes Jahr nicht mehr in Lohn und Brot stehen, warum?

Alexander Pietsch:
Andreas Suborics, Eduardo Pedroza, dazu noch Andreas Boschert als Ittlingen-Privatjockey, da blieben für mich nicht viel Chancen, also musste ich mir etwas anderes überlegen.

GaloppOnline.de:
Und wurden dann bei Stefan Wegner fündig.

Alexander Pietsch:
Ja, da meine Freundin als Zahnarzthelferin ebenfalls eine Arbeit in Bremen fand, wollten wir nach dem Ausscheiden am Wöhler-Stall nicht schon wieder den Wohnort wechseln. Also hörte ich mich erst einmal auf der Rennbahn um und arbeite seitdem für Stefan Wegner.

GaloppOnline.de:
Aber sie reiten nicht alle Wegner-Starter, bekleiden also nicht die Position des Stalljockeys?

Alexander Pietsch:
Nein, ich habe auch Verständnis dafür, dass mich nicht alle Besitzer auf ihren Pferden haben wollen, auch wenn es sicher keinem Jockey leicht fällt.

GaloppOnline.de:
Wie ist ihr Verhältnis zum Trainer?

Alexander Pietsch:
Wir werden jetzt richtig warm. Von Monat zu Monat verstehen wir uns besser, er setzt sich auch häufig für mich ein, was ich ihm hoch anrechne. Insgesamt kann man unser Verhältnis als sehr gut einstufen.

GaloppOnline.de:
Auch im illegitimen Metier sieht man sie seit dieser Saison reiten, hat das Zukunft für Sie?

Alexander Pietsch:
Da Stefan Wegner selbst auch in Hindernisrennen geritten hat, durchaus mit viel Erfolg, springt er im Training auch das ein oder andere Pferd ein. So kam eins zum anderen und ich habe in dieser Saison auch fünf Einsätze in Prüfungen dieser Art absolviert. Sicher eine Erfahrung, die man einmal machen muss, auch in Zukunft könnte es mir vorstellen, aber meine Hauptaugenmerk sollten immer die Flachrennen bleiben.

GaloppOnline.de:
Es klingt vielleicht etwas paradox über die Zukunft nach dem Rennreiten zu sprechen, wenn Sie gerade den größten Erfolg Ihrer Karriere feiern konnten, aber haben Sie sich schon einmal darüber Gedanken gemacht?

Alexander Pietsch:
Nicht nur einmal. Nach meinem heftigen Sturz im Jahre 1995, als ich mit einem Leberriß ein halbes Jahr im Krankenhaus liegen musste, hatte ich schon einmal Rücktrittsgedanken. Ein Traum von mir ist sicher später einmal ins Trainergeschäft zu wechseln, wie es mein Großvater und auch mein Vater mir schon vormachten, da ich mit voller Leidenschaft dem Sport verbunden bin.

GaloppOnline.de:
Peter Pietsch ist Trainer in Dresden. Sie verließen den Stall ihres Vaters vor Jahren. Wie hat sich der Kontakt entwickelt?

Alexander Pietsch:
Es liegt in der Sache der Natur, dass es weniger wird, wenn man so weit voneinander entfernt wohnt. Ich habe den Trainingsbetrieb von der Pike auf mitbekommen, irgendwann macht sich der Generationenunterschied doch bemerkbar.

GaloppOnline.de:
Was heißt das genau?

Alexander Pietsch:
Wir hatten grundsätzlich verschiedene Auffassungen, ich denke auch, dass er nicht das größte Vertrauen in mich als Jockey hatte.

GaloppOnline.de:
Ihr Vater hatte auch schon mal mehr Pferde im Stall.

Alexander Pietsch:
Dresden ist so etwas wie der Blinddarm des Rennsports. Neben dem Radeberger Preis Wochenende ist es dort sehr rar an Höhepunkten, schwer die Besitzer dort zu halten. Wenn man dann noch die momentane Gesamtsituation der Wirtschaft berücksichtigt, wird einem fast schwindelig.

GaloppOnline.de:
Herr Ostermann zog seine Ittlinger jüngst aus Bremen ab, da er die Trainierbarkeit in Frage stellte. Sie arbeiten dort jeden Tag. Wie beurteilen Sie diese Aussage?

Alexander Pietsch:
Überall können Trainingsunfälle vorkommen, davor ist keiner gefeit. Herr Ostermann hatte in diesem Jahr wohl besonderes Pech, aber daraus zu schließen, dass man in Bremen nicht trainieren kann, halte ich für falsch. Die Sandbahn ist heute sogar in einem besseren Zustand als noch vor einem Jahr.

GaloppOnline.de:
Apropos Sandbahn, reiten Sie auch den Winter in Dortmund und Neuss?

Alexander Pietsch:
Wenn ich Ritte bekomme, möchte ich auch im Winter auf der Sandbahn mitmischen und da ich mit dem Sieg von Up and Away meinen Rekord von 33 Siegen eingestellt habe, bin ich durchaus optimistisch, dass noch ein paar hinzukommen können. Auch im nächsten Jahr geht es dann mit Vollgas weiter. Frau Mäder sagte, dass ich beim nächsten Start von Up and Away wieder im Sattel sitzen werde, dann kann die Erfolgsgeschichte weiter geschrieben werden, denn bislang habe ich zwei Mal für Erika Mäder geritten und kehrte beide Male als Sieger vom Geläuf zurück!

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