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Leves gigantischer Start in die Galopp-Saison 2013

Zehn Siege bei 21 Startern, damit verbunden ein Schnitt Starts/Siege von 47,6 Prozent, fünf Platzierungen, eine Gewinnsumme von über 110.000 Euro, je ein Gruppe-, Listen- und Auktionsrennensieg, sowie zwei Platzierungen auf Gruppe-Niveau. Das ist nicht die aktuelle Bilanz eines der größten deutschen Traininsgquartiere, sondern die des Warendorfers Ferdinand Leve, seineszeichens Besitzertrainer und in dieser Funktion nur für 25 Pferde, die im Besitz des Gestüts Haus Ittlingen seiner Frau Janet Leve-Ostermann und seines eigenen Gestüts Hof Warendorf stehen, verantwortlich. Doch das, was der Diplom-Ingenieur und Architekt mit diesem Lot in diesem Jahr bislang erreicht hat, kann man nur sensationell nennen.

„Das ist natürlich unglaublich, wie es bis jetzt für uns gelaufen ist, alles was jetzt noch kommt, ist sozusagen ein Bonus“, sagt der 57-Jährige, der im Herbst 2010 die Besitzertrainerprüfung ablegte, bei unserem Besuch auf seiner insgesamt 40 Hektar großen Anlage, auf der zuvor bereits Peter Rau und Torsten Mundry erfolgreich trainiert haben, und er seit dem Frühjahr 2012 in eigener Verantwortung Pferde vorbereitet.

„Wir hatten zunächst Stanislav Otruba, den ich beim Besitzertrainerlehrgang kennengelernt habe, hierher geholt, der sich dann aber bei einem Verkehrsunfall, bei dem er auf dem Fahrrad von einem Auto angefahren wurde, so schwer verletzte, dass er nicht mehr weiter trainieren konnte“, erinnert sich Ferdinand Leve an seinen Einstieg als Besitzertrainer, der im vergangenen Jahr bereits sehr versprechend begann. Gleich die erste Starterin Kaya Belle war im März in Mannheim erfolgreich, am selben Tag siegte in Düsseldorf auch noch der Oldie Integral.

Die Form hielt die ganze Saison über an, es summierten sich 13 Siege bei 53 Starts, das Besitzertrainerchampionat wurde nur knapp verpasst („ich hätte noch Pferde auf den Sandbahnen aufbieten können, aber das war es mir nicht wert“). Doch das alles spielte sich noch nicht auf der ganz großen Ebene ab, die Highlights waren die Ausgleich II-Siege des stark gesteigerten Wallachs Felician.

In dieser Saison mischt man aber auf dem ganz großen Parkett mit. „Das liegt natürlich daran, dass jetzt unsere jungen Pferde auch zum Einsatz kommen. Und das Material, das wir hier haben, ist, was die Abstammung betrifft, natürlich wirklich erstklassig“, sagt Ferdinand Leve, für den Calyxa mit ihrem Sieg im Wettenleip Stutenpreis in Düsseldorf für das erste Highlight, nämlich den ersten Listen-Sieg als Besitzertrainer, sorgte.

Dass das keine Eintagsfliege, oder Zufall war, bewies die dreijährige Pivotal-Tochter bei ihrem dritten Platz im Karin Baronin von Ullmann-Rennen in Köln auf Gruppe III-Niveau, als nur die Pantall-Stute Beatrice und Andreas Löwes Red Lips zu stark für die Haus Ittlingerin waren. „Da hat sie Pech gehabt, denn im Schlussbogen ist sie weggerutscht und hat sich dabei eine Zerrung zugezogen“, erinnert sich Leve und weist darauf hin, dass sonst noch mehr möglich gewesen wäre.

Zuvor war bereits der Areion-Sohn Ideal, ein Vertreter seiner erfolgreichen I-Linie, Dritter im Dr. Busch-Memorial auf gleichem Level gewesen, eine Form, die er später mit dem Sieg im Hoppegartener Auktionsrennen unter Höchstgewicht noch einmal erhärtete. Nun steht für den toll aussehenden, ganz coolen Hengst ein Start im Grossen Preis der Dortmunder Wirtschaft an.

Was den beiden Dreijährigen (noch) nicht gelang, nämlich Leves ersten Gruppe-Sieg einzufahren, dafür sorgte beim Frühjahrs-Meeting in Baden-Baden der zwei Jahre ältere Wallach Felician, denn der so ungemein verbesserte Motivator-Sohn gewann die Badener Meile auf Gruppe III-Parkett mit einer halben Länge Vorsprung. „Und dann habe ich noch ausgerechnet mit Neatico, der ja auch längst wieder einen Gruppe-Treffer verdient hätte, das Pferd meines Schwagers weggeputzt.

Aber er hat sich trotzdem für uns gefreut“, sagt Leve, dessen Timing für seinen ersten Gruppe-­Sieg nahezu perfekt war, denn der Sieg fiel genau auf seinen 16. Hochzeitstag. „Mal sehen, wie er jetzt weitermacht, da er Wallach ist, haben wir da überhaupt keinen Druck, es kann auch sein, dass er als nächstes wieder in einem Listen-Rennen läuft“, gibt der Warendorfer Auskunft über die weitere Route des Fünfjährigen. Einen gehörigen Anteil an diesem Erfolg, aber auch an der guten Form des gesamten Stalles, hat natürlich Lennart Hammer-Hansen, der seit Februar Stalljockey an dem Warendorfer Quartier ist.

Der 40-Jährige, der in seiner Karriere nicht immer mit Fortuna im Bunde war – im Mai 2011 brach er sich bei einem Sturz beide Beine - hat die Chance, die ihm hier geboten wurde, bestens zu nutzen gewusst, und sich wieder stark ins Rampenlicht geritten. „Ich hatte in meiner Karriere drei schwere Stürze, habe aber keine Angst und brauche mich vor niemandem zu verstecken“, sagt der Däne, der zur schmalen Spitze der deutschen Sattelkünstler zählt. „Zweimal die Woche komme ich von Iffezheim nach Warendorf, in der Regel Dienstags und Mittwochs, wenn die wichtigen Galopps anstehen.

In Iffezheim reite ich an meinen freien Tagen noch bei Gerald Geisler und Manfred Weber, auch zu Renntagen in Skandinavien kann ich fliegen, da diese meistens unter der Woche stattfinden“, sagt der „Hammer“, der sich in Iffezheim wohl fühlt. „Für meine Frau und die Kinder ist es ein idealer Ort zum Leben, auch zum Alt werden. Reisen muss man heutzutage sowieso, es ist ja nicht mehr wie früher, als sich alles fast nur im Westen abspielte“, sagt der Jockey, der nicht mehr weit von seinem 1.000 Sieg entfernt ist.

„Wegen der vielen jungen Pferde hatten wir uns überlegt, einen festen Jockey zu verpflichten. Einen Jockey mit Erfahrung, der die Pferde im Training auch einschätzen kann, Gefühl hat, und gute Auskünfte geben kann, halte ich dabei für wichtig. So habe ich Herrn Hammer-Hansen kontaktiert, er kam vorbei, schaute sich alles an, und nahm das Angebot als Stalljockey an“, erklärt Leve, der aus der Vielseitigkeitsreiterei kommt und auch einen Reitlehrer­schein besitzt. Die dabei erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen lässt Leve auch in das Training seiner Pferde einfließen, wobei er viel Wert auf das Gymnastizieren der Pferde vor der eigentlichen Arbeit legt.

„Schauen sie sich doch mal die erfolgreichen Züchter, Gestütsmeister und Besitzer an, die kommen doch fast alle aus dem Reitsport. Ewald Meyer zu Düte, Gebhard Apelt, mit dem ich mich oft und lange ausgetauscht habe, Walther J. Jacobs, Hans Klöber, die Liste könnte man immer weiter verlängern“, sagt der Warendorfer, der seinen Arbeitsreitern hier und da auch Hinweise und Tipps gibt, wie sie die Pferde zu reiten haben, was von diesen dann auch als konstruktive Kritik aufgenommen wird.

Beim Reiten der Pferde hilft Leve u. a. der ansässige Springreiter Norbert Talaber, der jeden Morgen drei Pferde reitet und von dem sich die Arbeitsreiter auch das ein oder andere abgucken können. „Wichtig ist auch, dass die Pferde nach dem Galoppieren richtig relaxen können, sie werden nach der Arbeit noch einmal getrabt und kommen dann auch noch zwei Stunden auf die Koppel“. Damit sind die Pferde im Schnitt dreieinhalb Stunden draußen.

„Das ist wichtig für die Psyche“, sagt der Erbauer zahlreicher Rennbahnen und Trainingsanlagen, der auch stolz darauf ist, bewiesen zu haben, dass man auf der 1450 Meter langen Warendorfer Rennbahn Gruppe-Sieger trainieren kann. „Das haben viele Leute angezweifelt“, sagt Leve, dessen Pferde, die allesamt sich einmal pro Woche einem Tieraztcheck unterziehen, im Frühjahr auch den Vorteil hatten, im Winter auf einer 700 Meter langen Bahn, die immer offen gehalten wurde, die notwendige Ausdauer und Konditionsarbeit absolvieren konnten.

Beim Traben in der Halle vor und nach der Arbeit bedient man sich auch Stangen, die auf dem Boden liegen, und die die Pferde überqueren müssen. „Das dient der Aufmerksamkeit und macht die Pferde wacher“, erklärt der Trainer. Häufiger Gast beim Training ist Peter Rau, von dem sich Leve auch das ein oder andere abgeschaut hat, und der immer einen guten Ratschlag parat hat. „Die Zusammenarbeit mit Herrn Rau war immer toll, und konstruktiv“, findet Leve nur lobende Worte für den ehemaligen Trainer. Ganz wichtig für die Erfolge ist natürlich auch ein eingespieltes Team.

„Fast alle, die bei uns arbeiten sind schon sehr lange hier, so dass die Abläufe gut eingespielt sind. Rechte Hand des Trainers ist Albert Kästner, früher selbst als Trainer in Hannover und Hoppegarten aktiv, seine Frau Claudia ist als Gestütsmeisterin für die Zuchtstuten und deren Fohlen verantwortlich und kümmert sich natürlich auch um den Deckhengst Intendant, der in Warendorf steht. Als Arbeitsreiter fungieren Pavol Gerbol und Ivan Bartolic, auch Klaus Lamely, der schon zu Zeiten von Peter Rau das Amt des Futtermeisters ausübte, schwingt sich noch in den Sattel. Petra Bause und Alexander Chatunsew gehören zum Bodenpersonal.

„Ich brauche für die Arbeit Leute die das Gespür haben, wie funktioniert was. Ich setze auf Erfahrung“, sagt Leve, der zugibt, dass ihm die Top-Trainer in dieser Hinsicht einiges voraushaben. „Das ist ja ganz klar, dass das so ist“, sagt Leve, der dafür aber den Vorteil hat, individuell auf die Pferde einzugehen. „Wir können hier auf jedes Pferd speziell eingehen. So wird beispielsweise Lucarelli, der für die Warmblutzucht vorgesehen ist, vor jeder Arbeit longiert, auch andere Pferde bekommen ein spezielles Programm.

„Das würde in großen Rennställen auf einer Rennbahn alles gar nicht gehen“, sagt der Trainer, der neben seiner Besitzertrainertätigkeit natürlich noch einen zeitaufwendigen Beruf hat. „Mein Büro ist aber gleich um die Ecke, das ist ein Vorteil. Aktuell planen wir eine Zusammenarbeit mit den Chinesen. Das ist der Markt der Zukunft, wir waren schon in China, haben auch demnächst hier eine Delegation von dort zu Besuch, es gibt einige Projekte, die wir planen. Die Chinesen können vom deutschen Know-How profitieren“, sagt Leve, der schon die Rennbahn in Katar entworfen hat und auch in Russland mit seinem Büro Projekte ausgeführt hat.

Von Leves Know-How profitieren aktuell seine Pferde und man darf gespannt sein, was in dieser Saison noch alles aus diesem Warendorfer Stall kommt.

(24.05.2013)